So nett gelebt

Sonette vom Feinsten

Besprechung von Prof. Dr. Urs Heftrich, Heidelberg

Nachdem ich ziemlich viele der 203 Sonette (wenn ich richtig gezählt habe) verkostet habe, stelle ich fest, dass Walther Stonet die Form wirklich virtuos beherrscht – bis hin zum vollendeten Sonettenkranz. Handwerklich kann ihm kaum einer das Wasser reichen. Und wenn ich als professioneller Literaturwissenschaftler „handwerklich“ sage, dann ist das als Kompliment gemeint: Die Beherrschung dieser Form ist eine hohe, jahrhundertealte Kunst. (Zur Vermeidung von Missverständnissen: Ich schätze auch die freie Form; es kommt bei beiden Möglichkeiten des Dichtens, der strengen ebenso wie der losen, darauf an, dass sie gekonnt eingesetzt wird und nicht einfach zur Masche verkommt).

Am besten gefallen mir die Gedichte von Walther Stonet, die einen ironischen Zungenschlag haben, die alte Form also mit einem Augenzwinkern zu neuem Dasein wiedererwecken. Dies sind meist zugleich diejenigen Texte, in denen (für meine Ohren) der lässige Expressionismus der „Kriminalsonette“ von Rubiner, Eisenlohr & Hahn nachklingt.

Besonders gelungen finde ich dabei jene Passagen, die diesen Duktus mit Details aus unserer Gegenwart verknüpfen und solcher Kombination zugleich neue Reime abgewinnen. Ich meine damit Verse wie „Das Leben lebt sich wie durch einen Dimmer. / In Wirklichkeit ist immer alles schlimmer“, „Die Akrobatin sucht schon lang auf Tinder / … / Das Zelt war leer. Es kamen wenig Kinder“, oder: „Ich stürzte mich kopfüber in den Blog /… / Der Teufel schien’s zu sein, der mich da zog“, oder auch „Verkümmert ist er in der Seelenklause /…/ Und trank dazu viel Gin mit Zitrusbrause“. Das sind Verse, bei deren Lektüre ich ins Kichern geraten bin. Und das bringen nicht viele Zeitgenossen fertig. Chapeau!

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